Samstag, 19. Dezember 2009

Geschichtsstunde...

In der Morgen-kühle scheint mein Gehirn besser zu funktionieren, als am Nachmittag,wenn die Sonne tief in unsere Terrasse reicht. Eigentlich die Zeit für Siesta, wäre es perfekt um Gedachtes aufs virtuelle Papier zu bringen, oder sollte ich sagen zwingen? Aber der Magen muss seine mittägliche Portion Reis verarbeiten, das Gehirn bleibt leer. Da hilft ein Blick in die Zeitung, und somit in die Geschichte.
Heute begeht Goa den 48. Unabhängigkeitstag von der Portugiesischen Kolonialherrschaft. Dies war, wenn ich recht erinnere 1961. Ich wusste zwar nicht, wo Goa lag, aber war stolze 16 Jahre alt geworden und durfte somit, gegen den Willen meiner Mutter, ein Fahrrad mit Hilfsmotor lenken. Es war eine "Puch" mit Sitzbank, damals für 20 DM erworben. 2 Gang Schaltung aber nur ein Gang funktionierte, trotz verzweifelter Bastelarbeit. Anschieben und dann schnell drauf-springen hieß die Devise. "Geht ab wie die Feuerwehr das Teil", umschrieb man damals die klägliche Beschleunigung, aber es war getuned, "das Teil" vor allem im Sound.

Jetzt habe ich den Faden verloren. Ach ja, die Verhandlungen zwischen Portugal und Indien bezüglich einer Friedlichen Eingliederung verliefen erfolglos. Darauf beschloss Indien die militärische Übernahme. In Aufklärungsflügen, an meinem oben erwähnten Geburtstag, wurde das Terrain sondiert und am 15.12.1961 flogen 20 Indische Bomber einen Angriff auf den Flughafen Dabolim. In zwei Angriffswellen wurde die Startbahn zerstört um die dort stationierten Portugiesischen Flugzeuge als Beute nehmen zu können. Anscheinend ließ aber die Treffsicherheit der Piloten oder des "Geräts" zu Wünschen übrig, denn den  Portugiesen gelang es ihre Maschinen in die Luft zu kriegen und die Flucht gen Heimat anzutreten.
Ca. 10 000 portugiesische Soldaten wurden gefangen genommen sowie die im Hafen von Vasco liegende Portugiesische Kriegsmarine mit Ihrem Flaggschiff "Vasco da Gama".
Die Legende sagt, dass "unermessliche" Vorräte an Alkohol an Bord gefunden wurden. Was damit passiert ist, wurde allerdings nicht berichtet. Wahrscheinlich haben die "Indischen Marines" mal richtig die Sau raus gelassen.
Ihre Nachfolger jedenfalls tun dies gerne und mit Vorliebe am Strand von Agonda. Nach einer arbeitsreichen Woche in der Stadt, ein verständliches Vergnügen, welches gerne lautstark und mit ausgelassener Fröhlichkeit von statten geht. Ein willkommener Anlass für uns, den Nachmittag auf der "eigenen" Terrasse zu verbringen, mit einem "Masalla Tee" oder einem kühlen "Kingfisher", je nach Geschmack.

Ein weiterer Grund für eine gewisse "Strand-Müdigkeit" ist allerdings das Eintreffen teutonischer Neokolonisatoren. Mein Freund Thomas nennt sie "Ottos". Und obwohl er in Passau lebt, und ihm damit die Quelle näher liegt, meinte er nicht die hanseatischen Versandhausbesitzer, sondern die deutschen Urlauber, bei denen die Herren gerne "Vokuhila" -(für Trendsprachen ungeübte: Vorne-kurz-hinten-lang)- Frisur tragen. Diesmal in der Variante "kleines Schwänzchen". Bei den dazugehörigen Damen spannen sich gerne hautenge Radlehrhosen über pralle Schenkel und Glitzeroberteile über ebensolche Brüste. Dies nicht genug, sind sie, auch gerne ungefragt, bereit ihre Sicht der Dinge, lautstark den Umliegenden mitzuteilen.
Da sie aber auf gemieteten "Royal Enfields" das Land erobern wollen, besteht Hoffnung dass ihr Gastspiel nur von kurzer Dauer sein wird. Über den kulturellen Schaden wage ich nicht zu philosophieren.

1 Kommentar:

  1. Beim Lesen des Textes genieße ich die (Lebens-)Qualität "Beliebigkeit":
    zunächst geht es um Unabhängigkeit, Kriege, Opfer,um Politisches,
    einige Zeilen weiter dreht sich die Welt um hairstyle, Radlerhosen und die Brüste der Frauen.
    Anlass genug, mich von den erbitternden Verbindlichkeiten meines Lebens
    "wie will ich sein als guter Bürger",
    "wie werde ich meiner sozialen Verantwortung gerecht"
    zu verabschieden
    - Genuß durch Beliebigkeit eben -
    grüße nach Agonda
    pf
    wo ist jetzt das Kommunikationszentrum ,nachdem die Terrase von Meninho gerade mit Marmor ausgelegt wird?

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