Samstag, 16. Januar 2010

Sind wir nicht alle ein bisschen rudel...???

Gute Nachrichten sind rar, in der großen Welt der allmorgendlichen Nachrichten ebenso, wie in dem Horizont, der sich zwischen den Palmwedeln vor unserer Terrasse ausbreitet. Ich könnte von den Delfinen auf Nahrungssuche berichten, von den Flugübungen der Papageien Kindern, von den Krähen, die die Plastiktüten am Wegrand plündern, während die Stimme des BBC Reporters aus Port-aux-Prince kurzwellig aus dem Weltempfänger knattert. No Good News.
Dann ein Bericht aus Australien, über ein Konzert, das der Indische Oscar Gewinner für die Beste Film-Musik 2009, H.D. Rahmann, für den Film "Slumdog Millionaire", geben will.
Es soll in einem, hauptsächlich von Indern bewohnten Stadtviertel von Sydney stattfinden, in dem es in den letzten Monaten mehrfach Übergriffe auf, in Australien lebende Inder, mit Todesfolge gegeben hatte.
Ein Headline Thema. Verwerfungen zwischen den beiden Regierungen. Nicht zu unterschätzen die Volksmeinung, die mit Begriffen, wie "Rassismus in Oz" von der indischen Presse angeheizt wird.
Oz steht übrigens weder für "the land of oz" noch für Ost-Zone, sondern ist die Dinglish-phonetische Interpretation von Aussie [Ozie].
Auch Europa tauchte in einer Nachricht aus Österreich auf. Dort hatten Wissenschaftler Schweine im Schnee erfrieren lassen, um den "Sterbensprozess" zu erforschen, was die Proteste von Tierschützern hervorrief.
Aber eigentlich wollte ich über einen viel kleineren Konflikt berichten, hier vor Ort, der mich nicht das erste Jahr begleitet.
Seit vielen Jahren, wie ja aus früheren GOODNEWS bekannt, sind auch hier die vierbeinigen Freunde die besten Gefährten des Menschen. Oder ist es umgekehrt? Wir Touristen jedenfalls werden von den Strand-Hunden eindeutig "adoptiert". - "aren´t we all looking for a friend?" Dies beinhaltet allerdings gewisse Konsequenzen.
Wir übernehmen, mehr oder weniger freiwillig die Versorgung der Hunde. Dafür übernehmen sie unseren Schutz, wenn wir unsere Terrasse verlassen, um in so gefährliche Regionen, wie den Strand oder das Dorf vorzudringen.
Dieser, aus unserer Sicht, "Irrtum", führt allerdings zu erhöhtem Stress, besonders bei Petra. Sie möchte nämlich nicht ständig in Begleitung ihres "Bodyguards" unterwegs sein. So auch an diesem Morgen.
Nach dem oben erwähnten Nachrichten-Überblick wollte sie sich auf den Weg zum Strand begeben, ich entschied mich dafür, endlich wieder die Berichterstattung über Belangloses aufzunehmen.
Nach wenigen Metern kehrte sie zurück. Zwei Hunde hatten sich ihr, gegen ihren ausdrücklichen Willen, dem sie auch lautstark Ausdruck gab, angeschlossen und sprangen munter zwischen ihren Füssen herum.
Durch List meinerseits und vor allem durch den Einsatz einer Tüte Kekse, konnte Petra schließlich, unbegleitet, ihren Weg zum Strand antreten und die Wächter, liegen nun schlafend und zufrieden auf der Terrasse zu meinen Füßen. Ausführlicheres über die persönliche Viten unserer vierbeinigen Beschützer folgen in einer anderen Geschichte. Darin geht es um Kidnapping, Kindesmisshandlung, Knochendiebstahl und Knurren.
Grundsätzlich wäre gegen eine muntere Begleitung am Strand nicht unbedingt etwas einzuwenden, diese, sagen wir mal, Dauerbegleitung, schafft allerdings folgendes Problem: Da der Strand aus der Sicht der Hunde, parzelliert ist und der Hund an sich ein Rudeltier ist, treten an den jeweiligen Territorial Grenzen, Spannungen auf.
Das örtliche Rudel erkennt in der Entfernung ein Rudel aus Hund und Mensch, dass sich ihrem Territorium nähert. Alle Abwehrmaßnahmen werden getroffen. Die Haare aufgestellt, ohrenbetäubendes Klaffen, Sturmangriff.
Rocky, manche nennen ihn auch Lucky, oder ganz einfach "Dog", unsere Bodyguard also, sieht sich einer Übermacht gegenüber, die auf ihn zu rast. Noch in gehörigen Abstand bremsen sie ab, kläffen aber wilder als zuvor. Die Situation ist bedrohlich, der Lärm ohrenbetäubend.
Rocky legt sich, geschickt taktierend, flach auf den Bauch und wedelt mit dem Schwanz. Ein Angebot zum Spiel. Wir laufen weiter. Rocky steht auf, will folgen, aber das Rudel schneidet ihm den Weg ab.
Er ist eindeutig der älteste Rüde in dieser Runde, breite Schultern, kräftige Schenkel. Ein Kämpfer der nicht zu kämpfen braucht. Aber er hat ein Handicap, sein linker Hinterlauf. Er hinkt. Keine Chance zur schnellen Flucht.
Die Anderen sind zu fünft. Baghera, eine furchterregende alte Fighterin, die schon so manchen Hund verbissen hat, in den letzten Jahren. Und ein Rudel von kräftigen jungen Rüden.
Sie versuchen Rocky ins Meer zu treiben. Er fletscht die Zähne, mit angespanntem Körper, bereit jeden Angriff sofort zu parieren, schreitet er zentimeterweise voran. Der Abstand zu uns vergrößert sich. Seine Chancen stehen schlecht. Noch muß er gut 100 m überwinden. Eine Ewigkeit bei diesem Tempo.
Andere Touristen mischen sich ein, versuchen die Situation mit Worten und Gesten zu entschärfen, aber die Machtverhältnisse sind zu eindeutig, irgendwann wird es eine Beisserei geben mit Wunden, die schlecht heilen in diesem Klima, nicht nur bei Menschen.
Petra schimpft, über die Blödheit der Hunde, im allgemeinen und im besonderen. Ich sage, "ja aber man muss doch, in so einer Situation...". "Willst Du Dich beissen lassen?" Nein, natürlich nicht. Aber ich finde einen kräftigen Stock.
Petra geht nach Hause zurück, immer noch schimpfend. Sie hat genug. Ich nähere mich Knüppel-schwingend der Meute. Ich Hasse solche Momente. Immerhin, Rocky wollte mich beschützen. Ich war ja ein Teil seines Rudels. Wie konnte er wissen, dass mich die Hunde in Ruhe lassen würden, wenn ich alleine unterwegs bin.
Ich muss ihn da "raus-hauen". Es ist nicht einfach. Die Tiere sind wie im Rausch. Heftigstes Knurren, Bellen, Zähne-fletschen. Vereinzelte Beiss Attacken, dann fruchten meine Schreie und Drohgebärden. Sie weichen zurück. Rocky kann in meinem "Windschatten" weitergehen. Wir verlassen das fremde Territorium.
Er schaut mich dankbar an. Mit harschen Worten und Drohungen schicke ich ihn nach Hause. Er gehorcht widerwillig und schleicht, parallel zum Strand, durch die Bungalowsiedlungen. Dabei verliert er mich aus den Augen. Ich kann entkommen und setze entspannt meinen Abendspaziergang fort.

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